Sanjo II - Oh, Yuha

Titel

Sanjo II

Komposition

Oh, Yuha (* 1978)

Besetzung

for violin and violoncello

detaillierte Besetzung

Violine, Violoncello

Dauer

ca. 15 Minuten

Schwierigkeitsgrad

5 schwer

Schlagwörter

erweiterte Spieltechniken

 

KOMMENTAR

Kurzbeschreibung

Oh Yuhas „Sanjo II“ ist ein klanglich reduziertes, jedoch spieltechnisch hoch anspruchsvolles Duo für Violine und Violoncello, das durch verschiedene Geräuschmöglichkeiten rhythmische Dialoge gestaltet. Das Stück basiert auf der Gattung der koreanischen Volksmusik „Sanjo”.

Notation

Die Notation besteht aus verschiedenartigen Zeichen, die die anzuwendenden erweiterten Spieltechniken abbilden. Zudem werden Kontaktstellen des Bogens und perkussive Effekte der Finger am Instrumentenkorpus mithilfe verschiedener Schlüssel und Notenköpfe vorgeschrieben. Rhythmus und Metrum sind traditionell notiert.

Anforderungen

  • Das Werk ist instrumentaltechnisch für beide Instrumente anspruchsvoll. Die Herausforderung besteht erstens in der Erlernung der unterschiedlichen erweiterten Spieltechniken, zweitens in ihrer Anwendung im musikalischen Zusammenhang.
  • Die Instrumentaltechniken lassen sich in zwei Aspekte unterteilen: Auf der einen Seite perkussive Aktionen des Bogens und der Finger auf verschiedenen Stellen des Instruments (col legno battuto, tupfen, Bartók-Pizzicato), auf der anderen tonloses Streichen am Korpusrand. Hierzu werden insgesamt fünf Kontaktstellen des Bogens angegeben: am Stimmwirbel, auf dem Steg und an drei verschiedenen Stellen der Zarge.
  • Das Streichen auf ungewohnten Stellen erfordert eine feine Kontrolle des Bogendrucks und der Bogengeschwindigkeit. Die Position des Körpers und sogar die Bogenhaltung müssen ggf. modifiziert werden. Da die Druckverhältnisse anders als beim ordinario-Spiel auf den Saiten sind, muss z.B. beim Streichen auf dem Steg ständig darauf geachtet werden, dass der Bogen nicht nach vorne oder nach hinten rutscht. Am Korpusrand und auf den Wirbeln sollte eine geeignete Stelle ausgesucht werden, so dass die Kontaktstelle stabil bleibt und die Haltung des Instruments nicht bzw. nur leicht geändert werden muss.
  • Darüber hinaus bieten die häufigen expressiven dynamischen Effekte (crescendi, diminuendi, sforzati, dal niente) eine weitere Herausforderung, da sie mit diesen ungewohnten Bewegungsverhältnissen verbunden werden sollen.
  • Die rhythmische Ebene des Stücks ist fein ausgearbeitet und gestaltet die formale Entwicklung des Stückes. In der zweiten Hälfte werden abwechselnde Spieltechniken mit rhythmisch komplexeren Figuren verbunden. Die instrumentalen Anforderungen, die sich hierdurch ergeben, hängen mit einem reibungslosen Ablauf der „Bewegungschoreographie“ zusammen: die präzise Koordination der Aktionen der linken Hand (tupfen, Saiten abdämpfen) und der rechten Hand (pizzicato, col legno, arco); die rhythmischen Übergänge zwischen den verschiedenen Spielarten (z.B. die schnellen Verlagerungen des Bogens zwischen dem Saitenhalter und dem Wirbel); die dynamische Differenzierung der Klangeffekte, etc..
  • Der rhythmische Aspekt ist für das Zusammenspiel somit entscheidend.
  • Nicht zuletzt soll die expressive Gestaltungskraft der Klänge beachtet werden: Die Dramaturgie des Werkes besteht aus der Energie der verschiedenen Spielarten im Dialog der beiden Instrumente. Die häufigen Pausen tragen genauso viel Spannung wie die Klänge, die sie umgeben. Die Beherrschung der beschriebenen Spieltechniken sollte dazu dienen, sich von einer zu starken Fokussierung auf diese zu befreien, um sich so auf den Ausdruck der Dramaturgie konzentrieren zu können.

Didaktische Hinweise und Empfehlungen

  • „Sanjo II“ eignet sich für fortgeschrittene SchülerInnen/Laien, die den Umgang mit erweiterten Spieltechniken für Streichinstrumente kennenlernen oder vertiefen möchten.
  • Für dieses Stück sollte genug Probe- und Übezeit eingeplant werden, da die zu erlernenden Spielarten längere Zeit zur Verinnerlichung benötigen. Das Stück könnte dazu dienen, ungewohnte Spielarten und ihre Möglichkeiten im expressiven Zusammenhang kennenzulernen.
  • Der Einstudierungsprozess dieses Stückes könnte in drei Schritte unterteilt werden: 
    1) das Erlernen der Instrumentaltechniken.
    2) das Üben der spieltechnischen Vorgänge.
    3) die Zusammensetzung der beiden Stimmen.
  • Zunächst sollten die Instrumentaltechniken in einer gemeinsamen Probe erklärt und erlernt werden, um eine gemeinsame Klangvorstellung zu entwickeln. Dabei muss nicht nur auf die richtige Ausführung der Bewegung geachtet werden, sondern vor allem auf die Qualität der erzeugten Klänge und Geräusche (z.B. kein Tonanteil beim tonlosen Spiel, keine nachklingenden Saiten beim pizz. mit abgedämpften Saiten, etc.). Beim gemeinsamen Ausprobieren können sich die beiden SpielerInnen erstmals mit den Klängen vertraut machen, die später im Stück angewendet werden, und dabei das Hören aktiv entwickeln.
  • Die instrumentalen Vorgänge, die die Spieltechniken im Zusammenhang bringen, können als Choreographien „trainiert“ werden. Dabei ist jeder Übergang (vom pizz. zu arco, von tonlosem Spiel auf dem Wirbel zu col legno auf dem Saitenhalter, etc.) langsam und einzeln zu üben und in der Folge in immer größere Abschnitten zu integrieren, bis die Abfolge der Bewegungen verstanden und verinnerlicht wurde. Erfahrungsgemäß können hier unterschiedliche farbige Markierungen zur erweiterten Visualisierung der einzelnen Klangeffekte sehr hilfreich für den Arbeits- und Übeprozess sein.
  • Die rhythmische Notation muss in einigen Fällen relativiert werden: Manchmal werden zwei aufeinanderfolgende Spielarten ohne Pause dazwischen notiert, obwohl der Übergang zwischen ihnen eine große Bewegung oder eine Unterbrechung des Klanges erfordert (z.B.: Ziffer D, Violine).
  • Bei der Zusammensetzung von beiden Stimmen rücken Zusammenspiel und der rhythmische Aspekt in den Vordergrund. Ein langsameres Tempo, das Üben in kurzen Abschnitten und sogar das rhythmische Singen der schwierigsten Stellen könnten dabei sehr hilfreich sein. Der/die DozentIn kann auch einzelne Abschnitte dirigieren, bis ein gemeinsames Tempogefühl entsteht. Die Taktwechsel zeigen die Struktur der Musik, weswegen die ersten Schläge immer gute Referenzpunkte sind. Am Ende sollte aber auf jeden Fall versucht werden, das Stück ohne Dirigenten/Dirigentin aufzuführen.
  • „Sanjo II“ ist ein effektvolles Bühnenstück, dessen Wirkung ein hohes Engagement und eine sichere Bühnenpräsenz der InterpretInnen verlangt. Die interpretatorische Arbeit an diesem Werk kann sich auf die „Dramaturgie der Klänge“ konzentrieren, die wiederum an die Vortragsart des koreanischen „Sanjo“ erinnert. Einen musikalischen Bogen durch das ganze Stück zu ziehen, ist vielleicht die größte Herausforderung. Die Expressivität der Dynamik ist entscheidend: Die häufigen cresc./dim., sforzati, usw. sollen in den verschiedenen Spielarten übertrieben und die Pausen spannungsvoll gehalten werden.