Psalm-Spiel - Anschütz, Klaus-Hermann

Titel

Psalm-Spiel

Komposition

Anschütz, Klaus-Hermann

Besetzung

für zehn Sänger

detaillierte Besetzung

SSS AAA TT BB, Percussion 1, Percussion 2 (gleichzeitig Dirigent), Akkordeon

Dauer

ca. 11-12 Minuten

Schwierigkeitsgrad

4 mittel-schwer
SchlagwörterAleatorik, erweiterte Vokaltechniken, graphische Notation, Improvisation, Instrumentaleinsatz (bei Vokalwerken), Klassenmusizieren/heterogene Gruppen, theatralische Elemente/Musiktheater, offene Form

 

KOMMENTAR

Kurzbeschreibung

Das Besondere an Klaus Hermann Anschütz‘ Werk „Psalm-Spiel“ ist die klangliche Mischung aus einstimmigen gregorianischen Melodieverläufen und der Entfaltung breiter Klangflächen, die aus diesem „archaischen“ Material entwickelt werden. Dabei gestaltet sich diese Musik zum einen in zeitlicher Fluktuation, zum anderen in „groovigen“ Rhythmen (des Akkordeons). Dazu treten gesprochene Kommentare aktueller, zeitgenössischer Glaubensaussagen. Der Autor erinnert mit seiner Komposition an das Wesen der Liturgie als spirituelles Spiel, in dem es „um die Suche nach Wahrheit“ geht:
„In der pluralistischen Gesellschaft suchen Menschen auf sehr individuelle Art nach dem, was für sie persönlich ‚Gott‘ bedeutet. In diesem Spannungsfeld entstand das Stück ‚Psalm-Spiel‘ als Versuch, die altehrwürdigen Psalm-Worte in einem modernen ‚Glasperlenspiel‘ mit neuen und durchaus heterogenen Mitteln zum Klingen zu bringen.“ (zitiert aus dem Vorwort der Partitur)

Notation

Die Notation ist überwiegend traditionell, benutzt aber auch graphische Elemente, Symbole und verbale Anweisungen innerhalb der mehr improvisatorischen Abschnitte. Das Vorwort gibt ausführlich Auskunft zum Chor-Part, zur Aufstellung der MusikerInnen, zur Rolle des/der DirigentIn und zur zeitlichen Organisation des Werks. Beispiele der Interviews zu den „Glaubensaussagen“ („Glaubst Du an Gott? Ja, und warum nicht?“) sind gleichfalls enthalten.

Anforderungen

  • Die Realisierung des Werkes bedarf einer kreativen, aufgeschlossenen Gruppe von zehn Ensemble-SängerInnen, SolistInnen oder Semi-Profis bzw. eines großen Chorensembles mit einigen solistisch profilierten Partien (siehe dazu auch Infos durch den Komponisten unten).
  • Die Gestaltung des „Psalm-Spiels“ als „kleines Theaterstück“ ist eine besondere Herausforderung an die Gruppe und ihre Leitung, zielt aber zugleich auf ein ungewöhnliches Ereignis im traditionellen Konzertleben einer Institution bzw. einer Kirchengemeinde ab, die sich bereitfindet, aktuelle und kritische Fragen zu reflektieren.
  • Innerhalb der vokalen Partien sind eine stabile Stimmführung und Intonation sowie klangliche Flexibilität gefordert. Es gibt keine ungewöhnlichen „expanded“-Vokaltechniken.
  • Die beiden InstrumentalistInnen (Percussion I und Akkordeon) treffen auf Partien professionellen Zuschnitts.
  • Zur Wahl der Schlaginstrumente: siehe Vorschlag des Komponisten unten.

 Didaktische Hinweise und Empfehlungen

  • Der Komponist selbst gibt in einem Brief vom 19. März 2017 Hinweise zur Erarbeitung des Werks:
    Chorbesetzung:
    Das Stück ist für zehn „ChorsolistInnen“ oder EnsemblesängerInnen komponiert. Natürlich kann das Stück auch mit einer größeren Besetzung als mit zehn SolistInnen aufgeführt werden. Das dürfte der Dichte der Klangflächen z.B. bei Takt 31ff sogar zu Gute kommen. Ich würde dann vielleicht die mehreren SängerInnen pro Stimme ermutigen, sich zeitlich von den KollegInnen abzukoppeln. Die rhythmisch ausnotierten Stellen sind sowieso in dieser Beziehung unproblematisch. Ich würde aber auch im größeren Chor einzelne Passagen von ChorsolistInnen singen lassen, z.B. Tenor T. 5-7, Alt T. 8. usw., ebenso die Psalmodie T. 73/74 usw. Auch die Sprechtexte in diesem Teil funktionieren wohl am besten mit EinzelsprecherInnen.
    Percussion:
    Die schwer zu organisierenden Plattenglocken können auch durch gestimmte Gongs (z.B. javanische Buckelgongs) ersetzt werden. Ich würde dabei eher einen „cleanen“ Sound empfehlen. Eine andere Frage ist auch noch, ob der/die DirigentIn wirklich die Percussion II übernimmt. Möglich ist u.U. auch, dass der Part ganz oder teilweise von einem/r ChorsängerIn übernommen wird, wenn sich der/die DirigentIn dann besser auf die Organisation des Ganzen konzentrieren kann (die Idee vom/von der DirigentIn als „ZeremonienmeisterIn“ kommt von Younghi Pagh-Paan und hat mir gefallen.)
    Szene:
    Irgendwie habe ich mir bei der Komposition ein kleines Theaterstück vorgestellt: Da ergeht sich eine Kirche in einer – durchaus in sich stimmigen – Liturgie über einen wunderschönen alten Gesang. In diese Idylle poltert aber ab Takt 69 die Realität herein: Viele moderne Menschen verstehen die tradierten Formen nicht mehr und machen sich lieber ihr eigenes Bild von Gott und der Welt. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Teil auch geschmackvoll mit Field Recordings angereichert wird: Geräusche in der Bahnhofshalle, Autos, Menschenmenge usw. Dann können z.B. die Takte 69-72 noch zeitlich erweitert werden. Falls dieser Teil aus dem Ruder läuft, kann man sich in T. 96-98 wieder zusammenfinden. Der dritte Teil greift dann den Anfang unter veränderten Vorzeichen wieder auf. Diesen Vorgang „Idylle – Hineinbrechen – Versuch der Integration“ könnte ich mir auch gut szenisch oder halbszenisch umgesetzt bzw. gespielt vorstellen.“
  • Erfahrungsgemäß sollte man der Chor- und auch der Solisten-Gemeinschaft Zeit geben, sich dem Werk anzunehmen. Sicher wird man individuelle Annäherungen an das Thema in der Gruppe diskutieren, um zu einer authentischen Aufführung zu gelangen, die dem „Spiel-Charakter“ der Partitur gerecht wird. In der Endphase sollte ein gemeinsames Konzept beschlossen werden, das der/die LeiterIn der Gruppe als primus inter pares organisiert.
  • Die Assoziation des Komponisten mit der Arbeit einer zeitgenössischen, koreanischen Komponistin, Frau Youghi Paak-Pan, ist ein Fingerzeig auf eine Musik mit Nähe zum Verständnis des „Rituals“ und einer Musik, die sich aus außer-abendländischen Quellen speist und sich aus anderen Perspektiven existentiellen Fragen der Gegenwart nähert. Hieraus könnten aufregende Ideen zur Programmgestaltung abgeleitet werden.
  • Gleichermaßen lassen sich aber auch Konfrontationen des „Psalm-Spiels“ mit Werken der Tradition denken.
  • Die Aktualität der Thematik „Glaube in moderner Gesellschaft“ kann zahlreiche interdisziplinäre Anbindungen an kulturell-reflektierende Arbeitsgruppen in Schule, Kirche und Gesellschaft ermöglichen, die, als Partner gewonnen, am musikalischem Tun in der Gegenwart neue Aktualität erkennen könnten.

Kontakt

Klaus-Hermann.Anschuetz(at)t-online.de

Bezugsquelle

Erhältlich beim Komponisten (Klaus-Hermann.Anschuetz(at)t-online.de)