Und immer wanderte der Wind und sang - Richter, Thomas

Titel

Und immer wanderte der Wind und sang

Komposition

Richter, Thomas

Text

nach Texten von Pablo Neruda, Hildegard Jahn-Reinke, Jörg Zink und Eva Strittmatter

Besetzung

vier Gesänge für gleiche Stimmen (SSA)

Detaillierte Besetzung

Kinder-/Jugendchor SSA mit Stimmteilungen

Dauer

ca. 11:30 Minuten

Schwierigkeitsgrad

 4 mittel-schwer

Schlagwörter

 Improvisation

 

KOMMENTAR

Kurzbeschreibung

„Und immer wanderte der Wind und sang“ von Thomas Richter ist ein Chorwerk in 5 Sätzen nach Worten von Pablo Neruda, Hildegard Jahn-Reinke, Jörg Zink und Eva Strittmatter über das Thema „Luft und Wind“. Im mittleren Satz können die Chorkinder in der Art eines Rhythmicals ihre eigenen Worte zum Thema in eigener Gestaltung improvisierend einbringen.

Notation

Größtenteils traditionell

Anforderungen

 

  • Die Einstudierung dieses A cappella-Chorwerks erfordert einen geübten (älteren) Kinder- oder Jugendchor (gleichstimmig).
  • Es enthält teilweise anspruchsvolle Melodielinien (z.B. eine Ganztonleiter), „interessante“ Akkorde und Rhythmen, oft polyphone Strukturen, ist dynamisch durchgestaltet und hat wie eine Chor-Sinfonie sehr unterschiedliche Teile, die auch einzeln aufführbar sind.
  • Ein abwechslungsreiches Stück, das eine präzise und sehr präsente Zeichengebung der Chorleitung erfordert.

Anforderungen der einzelnen Sätze:

1. Ode an die Luft

  • Das Stück enthält mittelschwere polyphone Passagen, die eine sichere Stimmführung jeder der drei einzelnen Stimmen voraussetzen.
  • Die drei Stimmen erweitern sich oft zu einer Vierstimmigkeit (u.a. T. 13-15, 24-26, 37ff, 57) und sind einmal fünfstimmig gesetzt (T. 63), sodass Sopran und Mezzosopran personell entsprechend stark aufgestellt sein müssen.
  • Der Alt 1 in der kurzen zweistimmigen Passage in T. 47-52 könnte auch vom Mezzosopran 2 gesungen werden um eine Aufteilung des Altes zu vermeiden.
  • Die Rhythmik des Stückes ist sehr abwechslungsreich: Synkopen prägen die großen melodischen Zusammenhänge innerhalb der einzelnen Stimmen (z.B. T. 1-5, T. 57ff).
  • Die Synkopen funktionieren auf zwei Ebenen: Zum einen laufen die Notenwerte gegen den Grundschlag, wie man es von Synkopen gewohnt ist, zum anderen findet eine Verschiebung der betonten und unbetonten Silben bzw. Wörter bei Textwiederholungen statt; eine sehr reizvolle Variante, den Text auf unterschiedliche Weise zu interpretieren. Als zusätzliche Schwierigkeit baut der Komponist Taktwechsel (vom 4/4- in 5/4- und 6/4-Takt) ein, was die beiden Synkopen-Effekte noch verstärkt.
  • Rhythmische Sicherheit der SängerInnen ist wichtige Voraussetzung bei der Erarbeitung des Stückes. Rhythmusübungen mit Synkopen, Punktierungen und zwei- dreitaktigen Aufgaben ggf. mit den im Stück verwendeten Taktwechseln helfen dabei, die SängerInnen dafür zu trainieren und sensibilisieren.
  • Die Melodik in den einzelnen Stimmen ist stark lautmalerisch geprägt. Während die Tonfolgen anfangs wie ein laues Lüftchen klingen, u.a. durch die nur leichte Begleitung der anderen Stimmen, baut sich das Werk nach und nach zu ordentlichen Böen auf. Der Ambitus jeder Stimme erweitert sich und es geschieht ein Wechsel von einsilbiger Vertonung hin zu immer mehr melismatischen Phrasen.
  • Die Harmonik bewegt sich im Dur-Moll Spektrum. Die Harmonien sind mit Sekundreibungen erweitert, oft als Sekund-, Quart- oder Non-Akkorde.
  • Es finden sich auch kleine und große Septakkorde, Quart-Sept-Akkorde und Sextakkorde, sodass der Chor darin ein geübtes und geschultes Gehör benötigt, um diese Akkordverbindungen bewusst und sauber zu intonieren.

2. Der Wind

  • Das zweite Stück ist durchweg polyphon, fast schon fugenartig komponiert. Die drei Stimmen, die sich fast nicht aufsplitten, setzen versetzt mit unterschiedlichen melodischen Motiven ein und erschaffen so ein filigranes, diffuses und sehr abwechslungsreiches Klangbild.
  • Wie im ersten Stück ist auch hier besonders eine stabile und sichere Stimmführung aller drei Stimmen gefordert.
  • Es kommen auch einzelne Soli vor (T. 26f, T. 53f, T. 54). Das ist natürlich, sofern gute SängerInnen im Ensemble vorhanden sind, eine schöne Förderung für entsprechende KandidatInnen. Sofern keine SolistInnen zu finden sind, können die Passagen auch im Ensemble gesungen werden.
  • Die Rhythmik des Stückes ist etwas gemäßigter als zuvor. Pulsierende Achtelfolgen in einem bequemen 6/8-Takt als Grundtakt bilden keine größeren Herausforderungen. Zu beachten sind die Taktwechsel in T. 13-15, T. 24 und kurz vor Schluss in T. 55. Doch auch das sind gut machbare Passagen, die kaum intensivere Bearbeitung erfordern.
  • Die ausgeprägten Melodien der einzelnen Stimmen sind oftmals als Tonleitern auszumachen, z.B. in T. 1 = A-Dur, oder auch nur Teile von Tonleitern im Quart- und Quintraum. Wichtig dabei ist eine saubere Einstudierung der Ganz- und Halbtonschritte.

3. Intermezzo

  • Dieses „ad libitum“ integrierte Stück (siehe Vorwort des Komponisten) bietet einem Ensemble die Möglichkeit zu freier Improvisation über die aleatorisch angelegten und notierten Grundstrukturen.

4. Die Luft

  • „Die Luft“ ist ein gemischt homophon und polyphon komponierter Chorsatz, der vom Schwierigkeitsgrad nicht so anspruchsvoll ist wie die ersten beiden Sätze.
  • Die Wiederholung der T. 1-4 in den T. 28-31 teilt das Stück in zwei große Abschnitte. Die Verwendung von gesprochenen / gerufenen Passagen lockert den reinen Chorsatz interessant auf.

5. Wind

  • Der letzte Satz wirkt ruhig, sowohl vom Tempo als auch von den verwendeten Rhythmen/Notenwerten und den „langgezogenen“ Klängen.
  • Dem Stil treu bleibend wechseln Taktarten von 2er- in 3er-Takte.
  • In der Melodieführung sind nur wenige Sprünge verbaut, sondern erneut Tonschritte bis hin zu längeren Tonfolgen, die allerdings nicht unbedingt bekannte Tonleitern sind.
  • Die Harmonien sind tonal, doch wie in den Stücken zuvor angereichert mit Sekunden, Quarten, Sexten und Septimen als reizvolle Ergänzungstöne. Die harmonisch interessantesten Stellen bieten die T. 36-38 und der schwebende Schlussakkord.

Didaktische Hinweise und Empfehlungen

  •  Als Halbjahresprojekt eines Schulchores denkbar, auch als Wettbewerbsstück möglich.
  • Das Werk schult die Hörerfahrung der Sängerinnen und Sänger und übt deren Sicherheit in der selbständigen Stimmführung.

Didaktik zu

1. Ode an die Luft

  • Mehrstimmige Einsingübungen, die die Akkordverbindungen aus dem Stück (z.B. T. 33, 34, 37, 38, 43, 48, 49, 53, 69, 73-75) sukzessive aufbauen, könnten eine gute Vorbereitung für die Einstudierung sein.
  • Eine ausgewiesene Hauptmelodie ähnlich eines Refrains ist weder herauszuhören noch im Notenbild ersichtlich. Einzelne Motive sind wiedererkennbar, was aber eher am Rhythmus als an der Melodieführung festzumachen ist. Bei der Einstudierung besteht daher die Schwierigkeit sich die vielen unterschiedlichen und einzigartigen Partien zu merken, was z.B. durch ein sicheres Notenlesen oder durch sehr häufiges Wiederholen und auswendig lernen gewährleistet wäre.
  • Das Werk baut sich in bis zu sechs Abschnitte auf:
    Abschnitt 1: T.01-16 
    Abschnitt 2: T.17-27
    Abschnitt 3: T.28-40
    Abschnitt 4: T.41-56
    Abschnitt 5: T.57-68
    Abschnitt 6: T.69-fine
    Im ersten und zweiten Abschnitt werden ähnliche Passagen wiederholt, während die anderen Abschnitte immer wieder neue musikalische Elemente, Harmonien, Melodien beinhalten.
  • Für die Einstudierung könnte das Stück daher praktischerweise abschnittsweise einstudiert werden, ohne dass Zusammenhänge verloren gingen: jede Woche bzw. jeden Monat einen neuen Abschnitt, wobei die bekannten Abschnitte davor und danach wiederholt werden, bis das Stück komplett zusammengesetzt werden kann.

2. Der Wind

  • Abschnitt 1: T. 1-19
    Abschnitt 2: T. 20-25
    Abschnitt 3: T. 26-41
    Abschnitt 6: T. 42-fine
    Die vier Abschnitte des Stückes sind durch den Komponisten deutlich gekennzeichnet (Fermaten) und orientieren sich an den verwendeten Textpassagen. Auch hier wiederholen sich keine musikalischen Abschnitte, das Werk ist durchkomponiert, sodass ,wie beim ersten Stück, der Chor dieselben Herausforderungen zu meistern hat.
  • Die Einstudierung kann, wie beim ersten Satz, abschnittsweise ausgeführt werden.
  • Um den Chor dafür zu sensibilisieren und zu trainieren, könnten beim Einsingen entsprechende Übungen vorbereitet werden: Nach einer Tonangabe beauftragt man die SängerInnen, einen entsprechenden Schritt nach oben oder nach unten zu gehen. Dann zwei oder drei Schritte, dann gehen unterschiedliche Stimmen in unterschiedliche Richtungen usw.

3. Intermezzo

  • Dieser ad libitum-Satz ist ein Einstieg in die Aleatorik.
  • Als Training zur kreativen und stimmlichen Entfaltung zum Thema Wind, Luft, Sturm ist es ein wunderbarer Impulsgeber.

4. Die Luft

  • Trainingseinheiten zu den ersten beiden Sätzen sind auch hier hilfreich.
  • Sofern der Chor bereits dafür trainiert worden ist, finden die musikalischen Elemente hier erneut vielfache Anwendung: tonleiterartige Läufe in den Stimmen, Sekundreibungen in den Harmonien innerhalb tonaler Zusammenhänge, rhythmisch abwechslungsreiche Passagen mit Taktwechsel.

5. Wind

  • Hier wird von den SängerInnen noch genaueres Singen abverlangt. Die eher polyphone Struktur fällt in diesem Fall aber leichter, da sich beim Miteinander-Singen harmonische Klänge aufbauen können.

 

Bezugsquelle

Erschienen in "Neue Musik für Kinder- und Jugendchöre", Band 1
ConBrio Verlagsgesellschaft (www.conbrio.de)