Spiral - Stockhausen, Karlheinz

Titel

Spiral

Komposition

Stockhausen, Karlheinz

Besetzung

für einen Solisten

detaillierte Besetzung

für einen Solisten (Stimme und/oder ein Instrument bzw. mehrere Instrumente) mit Kurzwellenempfänger

Dauer

flexibel

Schwierigkeitsgrad

5 schwer
Schlagwörter

Aleatorik,erweiterte Spieltechniken/Vokaltechniken, graphische Notation, Improvisation, Konzeptmusik, Live-Elektronik / Zuspiel, offene Form, Raummusik

 

KOMMENTAR

Kurzbeschreibung

Karlheinz Stockhausens „Spiral“ ist eine gebundene (also vom Komponisten gesteuerte) Improvisation, in der im Augenblick der Aufführung empfangene Klangereignisse aus einem Kurzwellenempfänger als Ausgangsmaterial benutzt werden. Der/die InterpretIn analysiert die musikalischen Parameter dieses Materials während der Aufführung und imitiert und moduliert improvisierend die Klangereignisse anhand genauer Handlungsangaben in der Verlaufspartitur. Die Beschäftigung mit diesem Werk schult präzises Hören, genaues parametergesteuertes Reagieren und musikalisch intelligentes Agieren. Das klangliche Ergebnis ist sehr variabel und kann aufgrund der Offenheit des Ausgangsmaterials eine sehr persönliche Färbung bekommen.

Notation

Grafische Partitur mit eindeutigen Handlungsangaben. Dazu ausführliche Erklärungen und Beispiele auf Deutsch, Englisch und Französisch.

Anforderungen

  •  Das Werk ist für eine/n beliebige/n SolistIn, egal ob vokal oder instrumental.
  • Gefordert werden hier nicht weniger als eine neue analytische Perspektive beim Hören von Klangereignissen (hier: selbstgewählte aus einem Kurzwellenempfänger) im Augenblick der Aufführung und ausgefeilte improvisatorische Fähigkeiten.
    - Die Parameter Dauer, Lage, Lautstärke und Rhythmus müssen erfasst und aufgrund von einfachen Zeichen +, -, = jeweils moduliert werden.
    - Dies erfordert interpretatorisch eine hohe Konzentrationsfähigkeit, schnelle Auffassungsgabe, Mut und Souveränität im Augenblick, um das Ganze gestalterisch im Sinne des Werks seriös, für ein Publikum gut nachvollziehbar und gleichzeitig auch noch fantasievoll umzusetzen.
    - Die oben genannten Gestaltungsprinzipien werden durch eine ganze Reihe von vorgeschriebenen interpretatorischen Aktionen in sehr umfassender Weise ergänzt. Diese Aktionen werden jeweils klar erklärt und mit entsprechenden Symbolen angezeigt.
  • Das Werk erfordert eine elektroakustische Umsetzung:
    - Neben einem geeigneten Kurwellenempfänger ist eine Beschallungsanlage zur Verstärkung und räumlichen Projektion der Kurzwellenklänge und der live gespielten/gesungenen Klänge notwendig.
    - Technisch versierte Interpretierende können das technische Setup selber im Augenblick der Aufführung steuern.
    - Eine Klangregie aus der Mitte des Aufführungsraums ist zumindest in größeren Sälen auf jeden Fall angebracht, um ein klanglich überzeugendes Ergebnis zu erreichen.

Didaktische Hinweise und Empfehlungen

  • Aufgrund der absolut außergewöhnlichen Anforderungen ist eine längere, systematische und gleichzeitig kreativ-spielerische Probenarbeit unerlässlich.
    - Bewährt hat sich diese Vorgehensweise: Zunächst behandelt man die Ausarbeitungsoptionen jedes einzelnen Parameters für sich anhand einfacherer Ausgangsereignisse. Hierfür können auch
      einzelne Ereignisse aus einem Kurzwellenempfänger aufgezeichnet werden, so dass das Material für die Probenarbeit am Anfang klar definiert bleibt.
    - Sowohl das Modulieren und Variieren, als auch das Testen und Ausbauen der eigenen instrumentalen bzw. vokalen Gestaltungsmöglichkeiten anhand der Interpretationsvorschriften kann zu einem
      sehr aufregenden und intensiven Probenprozess führen.
    - Im Zuge dieses Prozesses wird man auch mit den einzelnen Zeichen der Partitur so vertraut werden, dass eine Aufführung schließlich souverän möglich wird.
    - Die mühevolle Kleinarbeit, welche hier anklingt, ist auch aus pädagogischer Perspektive für fortgeschrittene InstrumentalistInnen und SängerInnen außerordentlich fruchtbar.
  • Voraussetzung ist eine hohe Begeisterungsfähigkeit für die Intentionen des Werks und für das Arbeiten und den Ausbau der eigenen instrumentalen, vokalen und interpretatorischen Fähigkeiten in der angesprochenen Weise.
  • Die Erfahrung zeigt, dass die Beschäftigung mit diesem Werk eine deutliche Erweiterung der Konzentrationsfähigkeit, der interpretatorischen wie improvisatorischen Handlungsoptionen und selbst der interaktiven Fähigkeiten auf der Bühne bewirkt.
  • Reizvoll sind die klanglichen Möglichkeiten je nach Ausgangsmaterial.
  • In diesem Werk ist eine wunderbare Balance zwischen Freiheit, persönlichen Vorlieben/Möglichkeiten und kompositorischer Stringenz erreicht. Diese Balance speist sich einerseits aus dem Ausgangsmaterial und den individuell-gestalterischen Möglichkeiten, andererseits aus der hohen formalen Strenge bzw. Konsequenz in den penibel umzusetzenden Gestaltungsvorschriften.

Kontakt

www.karlheinzstockhausen.org

Bezugsquelle

Erschienen bei Universal Edition, Best.-Nr. UE 14957, 58,95 € (http://www.universaledition.com)

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